Kern dieser phänomenologischen Haltung ist die größtmögliche Offenheit der Person, die eine Aufstellung begleitet, für das, was sich in der Aufstellung zeigt. Es bedarf einer sehr konzentrierten und zugleich freien Aufmerksamkeit für die Klientin / den Klienten sowie für die Energie, die im Aufstellungsfeld entsteht. Für Bert Hellinger, den Begründer der Familienaufstellung als therapeutischem Setting, liegt die Chance, das Wesentliche zu erkennen, im Verzicht auf jede Intention auf Seiten der Aufstellungsleitung: „Das Sich-Beschränken auf das Wahrnehmen ist ein großer Verzicht. Ich gebe dadurch die Freiheit auf, die Welt willkürlich zu gestalten. Doch merkwürdigerweise habe ich gerade in diesem Mich-Beschränken die Freiheit zu handeln, und zwar richtig zu handeln“ (Hellinger, B., 2007, Die Quelle braucht nicht nach dem Weg zu fragen. 5. Auflage. Heidelberg: Auer., S. 29). Nicht ohne ein gewisses Pathos wirkt die Konsequenz, mit der er diese Haltung zu Ende denkt: „Ohne Absicht kann nur der sein, der seine Vorstellungen von Gut und Böse aufgegeben hat. Er kämpft nicht für das Gute und nicht für das Böse, weder noch. Alles, was ist, ist ihm recht. Das Leben ist ihm recht. Der Tod ist ihm recht. Das Glück ist ihm recht. Das Leid ist ihm auch recht. Der Friede ist ihm recht und der Krieg. Weil er so durchlässig ist, fügt sich etwas,ohne sein Zutun zum Guten. […] Die Absichtslosigkeit, die den Einklang sucht mit dem Weltgesetz, mit den tiefen Ordnungen, die den Bewegungen der tiefen Seele traut, der großen Seele, die […] dem Frieden und der Liebe dient“ (Hellinger, 2007, S. 28).
Wie gesagt, die Formulierungen sind vielleicht etwas pathetisch, aber in der Sache ist hier sehr nachdrücklich gesagt, worum es in der Aufstellungsbegleitung im Sinne der phänomenologischen Haltung geht: Nichts wollen, alles anschauen, alles respektieren, nichts ausblenden.