Thema des Monats Januar:

Familienaufstellung verstehen, Teil 2:
Die Bedeutung der Ordnung – Das Recht auf Zugehörigkeit

In Familienaufstellungen geht es immer wieder darum, Ordnung in übersichtlich und unscharf gewordene Beziehungsstrukturen eines Familiensystems zu bringen. Innerhalb der Familie den eigenen Platz zu kennen, kann Sicherheit und Geborgenheit vermitteln. Verliert man diesen Platz aus dem Blick, werden Rechte und Pflichten unklar, die eigene Rolle im System verschwimmt und es wird schwieriger, die familiären Beziehungen angemessen zu gestalten. Solche Schwierigkeiten können sich im Erwachsenenleben auf andere Kontexte übertragen.

Aus den therapeutischen Traditionen und Kontexten, in denen Bert Hellinger stand und aus denen heraus er seine Konzepte entwickelt und weitergegeben hat, hat er einige Ordnungsprinzipien hergeleitet, die seiner Auffassung nach ganz grundsätzlich für Familien gelten. Die wichtigsten, die auch auf die Vorgehensweisen beim Familienstellen nachhaltigen Einfluss haben, sind:

Zugehörigkeit und das Recht auf Zugehörigkeit

Eine der wesentlichen Kategorien des Familienverständnisses, das Bert Hellingers Arbeit zugrunde liegt, ist die ‚Zugehörigkeit‘ und das mit ihr gegebene ‚Recht auf Zugehörigkeit‘. Dieses Familienkonzept betont die durch Eltern- und Kindschaft gegebene unabänderliche Zugehörigkeit jedes Menschen zu der Familie, aus der er oder sie stammt. Sie ist nicht wählbar und auch nicht aufgebbar. Dies kann man wohl als Faktum anerkennen. Mit diesem Konzept ist für Hellinger zugleich das uneingeschränkte Recht auf eben diese Zugehörigkeit verbunden. Aus diesem Recht auf Zugehörigkeit und dessen Beachtung oder Missachtung leitet Bert Hellinger elementare familiäre Dynamiken ab, die er für eine gesunde oder eben auch problematische psychische Entwicklung des Einzelnen in der Familie verantwortlich macht: „Als erstes kann man sehen, dass jemand, der einen seiner Eltern ablehnt oder innerlich herabsetzt, mit sich nicht im Reinen ist. (…) Wer seine Eltern nimmt und ihnen die Ehre gibt, die ihnen zusteht, und ihnen einen Platz in seinem Herzen gibt, ist mit sich im Reinen. (...) Es muss jemand auch allen, die sonst noch zu seiner Familie und Sippe gehören, in seinem Herzen einen Platz geben, auch den Toten und den Ausgeschlossenen oder Vergessenen. Dann erst ist er vollkommen und dann erst ist er wirklich frei, frei für seine Zukunft.“ (ebd., 127).

Lesen Sie in den folgenden Monaten die Fortsetzungen dieser Reihe über
die Konzepte und Methoden der Familienaufstellung!

Sehr viele Familienaufstellungen in Hellingers Tradition gehen der Frage nach, ob im Familiensystem alle gesehen und gemäß ihrem Recht auf Zugehörigkeit zur Familie anerkannt werden. Das Familienkonzept beinhaltet unter anderem die Annahme, dass Ausgestoßene oder Vergessene in Familiensystemen, auch wenn sie bereits verstorben sind, von anderen durch deren Identifikation mit ihnen, wieder ins System hineingeholt werden. Diese Identifikation stellt dann für die betreffenden Menschen eine „Verstrickung“ im familiären Beziehungsgeflecht dar, die sie nicht zu sich selbst und zur eigenen Entwicklung finden lassen: “Denn wer auf diese Weise ausgeklammert oder ausgeschlossen wurde, der wird später von einem Nachfahren vertreten und zwar ohne dass er selbst es merkt. Der fühlt sich wie der Ausgeschlossene, verhält sich wie er und nimmt häufig ein Ende wie er“. (ebd., 126)

Häufig geht es dann in den Familienaufstellungen darum, solche Ausgrenzungen und Identifikationen zu erkennen, sich ihnen zu stellen und die Ausgestoßenen oder Vergessenen explizit anzuerkennen und zu würdigen. Diejenigen, die sich durch eine unangemessene Identifikation von sich selbst entfremden, sollen so aus dieser Verstrickung gelöst werden.

Diese Darstellung lässt sicher viele Varianten und Besonderheiten individueller Fälle außer Acht. Es geht allerdings auch ausschließlich darum, ein wichtiges Element des Familienkonzepts Hellingers herauszuarbeiten, das das Familienstellen in seiner Tradition stark kennzeichnet.

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